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Fairytale

Das Märchen, das unserer Band den Namen gab:

Das Band-Märchen (aus WKZ  14.02.2012)

 

 

  • Der Bandname "Colludie Stone" stammt aus dem schottischen Märchen Habetrot, Scantlie Mab und der ausgehöhlte Stein s.u.

  • In Selkirkshire lebte eine Frau, die hatte eine schöne, aber sehr faule Tochter, die lieber spielte, als sich am Spinnrad die Finger wund zu reiben. Die Frau ließ nichts unversucht, aus ihrer Tochter doch noch eine gute Spinnerin zu machen, denn in jenen Tagen hatte ein Mädchen, das nicht fleißig spinnen konnte,keine Chance, einen Mann zu bekommen.

  • Die Mutter zwang das Mädchen, sieben Bund Flachs in drei Tagen zu spinnen. Das Mädchen ging aber lieber spazieren und setzte sich am Bachufer an einen vom Wasser ausgehöhlten Stein (Colludie Stone) und weinte.

  • Dort traf sie ein altes Weibchenmit dicker hängender Unterlippe namens Habetrot. Die dicke Lippe hatte sie vom Fingeranfeuchten beim Spinnen. Sie half dem Mädchen.       

  • Wie das Märchen ausgeht, könnt ihr im Märchen unten nachlesen !

  • Schottische Märchen laufen übrigens etwas anders als die der Gebrüder Grimm. Faulheit und Eigenwilligkeit wird in diesen Märchen nämlich belohnt. 

 

 


 

Das Märchen von "Habetrot and Scantlie Mab" und dem ausgehöhlten Stein  (Colludie Stone)
"Habetrot" mit der dicken, langen Unterlippe 


In Selkirkshire lebte eine Frau, die hatte eine schöne, aber sehr faule Tochter, die lieber spielte als arbeitete, lieber über die Wiese ging und Gänseblümchen pflückte, als sich am Spinnrad die Finger wund zu reiben.
Die Frau liess nichts unversucht, aus ihrer Tochter doch noch eine gute Spinnerin zu machen, denn in jenen Tagen hatte ein Mädchen, das nicht fleissig spinnen konnte, keine Chance, einen Mann zu bekommen.
So redete die Mutter ihrer Tochter gut zu, schmeichelte ihr, bat sie, beschimpfte und bedrohte sie und schlug sie gar - es blieb alles umsonst. Das Mädchen war und blieb, wie ihre Mutter sie nannte: "eine nichtsnutzige Transuse".
Da gab die Mutter ihrer Tochter eines Morgens eine Tracht Prügel und warf ihr sieben Bund Flachs vor die Füsse.

"Die wirst du mir in drei Tagen zu Garn spinnen, oder es soll dir schlecht ergehen!"
Das Mädchen wusste, dieses Mal meinte die Mutter es wirklich ernst. Sie setzte sich an das Spinnrad und arbeitete den ganzen Tag. Sie hatte aber kein Geschick und keine Übung im Spinnen. Sie holte sich blutige Blasen an ihren zarten, weissen Fingern und am Ende des Tages doch nicht mehr als ein, zwei Ellen knotiges, krumpliges Garn versponnen.
Es wurde Nacht. Das Mädchen weinte sich in den Schlaf.
Am anderen Morgen, es war ein herrlicher Frühlingsmorgen, die Sonne schien und die Vögel sangen, besah sich das Mädchen ihr missratenes Knäulchen Garn und warf die Arbeit zur Seite. "Ich kann nicht, ich will nicht und ich mag nicht", rief sie verzweifelt, "und verdammt und zugenäht, ich geh lieber spazieren!"
Sie lief aus dem Haus und über die Wiese. Die Tautropfen hingen an den Gräsern und glänzten in der Morgensonne. Das Mädchen ging über die Felder und den Bach entlang. Sie kam an einen Erdhügel am Bachufer und setzte sich dort neben einen großen, vom Wasser ausgehöhlten Stein (Colludie Stone) mit einem ausgewachsenen Loch in der Mitte. Sie legte ihren Kopf in die Hände und weinte.

Sie saß lange da und war so in ihren Kummer versunken, dass sie niemanden kommen hörte. Als sie aber endlich aufschaute, sah sie ein kleines, altes Weiblein neben sich auf dem gehöhlten Stein sitzen.

Das kleine Weiblein zog gewaschenes Flachsgarn aus dem Bachbeet und breitete es zum trocknen und bleichen in de Sonne aus. Die Alte hatte ein erdbraunes, runzliges Gesicht und große Ohren.  Das Erstaunlichste an ihr aber war ihre riesige, lange, dicke, bis zum Kinn herunterhängende Unterlippe.

Das Mädchen war ein freundliches Kind. Sie stand auf und ging zu dem absonderlichen Weiblein.

"Guten Morgen", sagte sie und fragte, denn sie war auch ein neugieriges Mädchen, "woher hast du, nimm's mir bitte nicht übel, so eine dicke, lange Unterlippe?"
"Vom Spinnen, mein Liebchen, vom Flachs- und Garnspinnen, mein Hühnchen" sagte das Weiblein und sah das Mädchen freundlich an. "Ich feuchte die Finger an meiner Lippe, wenn ich den Faden vom Spinnrocken ziehe."
"Oh!" rief das Mädchen, "und ich sollte auch spinnen. Aber ich kann es nicht und mag es nicht, und ich werde mit meiner Arbeit nie fertig werden.
Und sie erzählte der Alten ihren Kummer.
"Hol mir deinen Flachs, und ich werde ihn rechtzeitig für dich gesponnen haben", sagte die freundliche Alte.
Das Mädchen rannte überglücklich nach Hause und brachte die sieben Bündel Flachs.
"Und wie ist dein Name, Grossmütterchen?" fragte sie, "und wo kann ich das Garn abholen?"
Aber das Mädchen bekam keine Antwort. Das Weiblein verschwand wortlos mit den sieben Flachsbündeln zwischen den Büschen und Bäumen.
Das Mädchen setzte sich an den Bach und wartete. Die Sonne schien warm.
Sie wurde schläfrig und matt und legte den Kopf auf den gehöhlten Stein und schlummerte ein.
Als sie wieder aufwachte, ging die Sonne schon unter und der Abendstern leuchtete sein silbernes Licht. Das Mädchen rieb sich die Augen und hörte surrende Geräusche und singende Stimmen - direkt unter ihrem Kopf. Sie schaute durch das Loch im Stein und erblickte eine tiefe, grosse Höhle. In der Höhle sassen mehrere seltsame alte Jungfern und spannen. Jede von ihnen sass auf einem weissen vom Wasser gerundeten Bachkiesel. Einige hatten einen Buckel, so gross wie ein Brot. Einigen hing die Zunge bis auf den Bauch, und alle waren mit riesenlangen, herunterhängenden Unterlippen geschmückt. Das kleine alte Weiblein wanderte zwischen ihnen auf und ab und gab ihnen Anweisungen. Das Mädchen legte ein Ohr auf das Loch im Stein und hörte sie sagen:
"Wie wenig doch das Mädchen weiss.
Sie weiss nicht, dass ich Habetrot heiss!"
Eine der kleinen Spinnerinnen sass, etwas abseits von ihren Schwestern, in einer Ecke und wickelte das Garn. Und diese sah noch hässlicher aus.

Sie hatte außer der herunterhängenden Unterlippe, dem Buckel, so groß wie ein Brot, und der langen Zunge auch graue, hervorquellende Augen und eine enorme Hakennase.

Habetrot rief ihr zu:
"Wickle Scantlie Mab, wickle schön,
das Mädchen muss heim zur Mutter gehen."
Das Mädchen stand auf und machte sich auf den Nachhauseweg, Habetrot holte sie bald ein und legte ihr sieben wundervoll gesponnene Bündel Garn in die Hände.
"Oh Grossmütterchen, wie kann ich dir das danken?"
"Nichts, nichts, mein Vögelchen, brauchst mir nicht zu danken, aber erzähl der Mutter nicht, wer das Garn gesponnen hat!" Das Mädchen tanzte und sprang mit den sieben wundervollen Bündeln nach Hause. Sie war überglücklich, aber auch hungrig - schliesslich hatte sie den ganzen Tag nichts gegessen.
Die Mutter lag schon im Bett und schlief. Sie hatte Blutwürste gemacht, sie zum trocknen in den Rauchfang gehängt und war, müde von der Arbeit, früh zu Bett gegangen.

Das Mädchen legte sein Garnbündel auf den Tisch, blies das Herdfeuer an, holte die Bratpfanne herunter, macht die erste Blutwurst heiß und aß sie.

Sie briet die zweite Wurst und aß sie, die dritte, die vierte, die Fünfte - sie hatte wirklich großen Hunger -, die sechste und weil sie so gut schmeckten, aß sie auch die letzte, siebte Wurst.

Dann stieg sie die Leiter hinauf, legte sich in ihr Bett und schlief auch gleich erschöpft ein.
Früh am anderen Morgen stand die Mutter auf. Sie sah die sieben wundervoll gesponnenen Garnbündel. Von den sieben Blutwürsten aber fand sie nur noch einen letzten Zipfel vor.
Unsinnig vor Freude, unsinnig vor Ärger rannte sie vor die Haustüre und rief:
"Meine Tochter spann !
meine Tochter ass !
und noch vor Morgengraun."
Ein junger Lord ritt vorbei, hörte ihre Schreie und fragte sie nach dem Grund.
"Meine Tochter spann !
meine Tochter ass !
und wenn du mir nicht glaubst,
so komm und sieh selber."
Der junge (und natürlich sehr schöne) Lord folgte ihr in ihre Hütte und sah das weiche, wunderbar ebenmässig gesponnene Garn. Da wollte er auch die kunstreiche Spinnerin sehen. Als er das Mädchen sah, so rosig und schön und mit zarten, weissen Händen, wollte er sie gleich zur Frau haben. Kurz und gut, der Lord war jung und hatte schwarze Locken, also sagte das Mädchen "ja".

Die Hochzeit wurde vorbereitet, aber etwas machte der Braut Sorgen. Der junge Herr sprach immer wieder davon, wie schön das Garn gesponnen sei und wie sehr er sich freue, eine so tüchtige Spinnerin zur Frau zu

bekommen.

Eines Abends, kurz vor der Hochzeit, lief die Braut zu dem ausgehöhlten Stein am Bachufer und rief:
"Habetrot, Habetrot,
hilf mir in meiner Not."
Habetrot erschien und wusste auch schon Bescheid.
"Hab keine Angst, Hühnchen, hab keine Angst. Bring deinen Jo her und lass uns nur machen!"
Am nächsten Abend, die Sonne ging gerade unter, stand das verlobte Paar vor dem gehöhlten Stein. Aus der Tiefe hörten sie Habetrots Stimme: 
"Wir, die wir im Finstern leben,
verborgen vor der Sonne Licht,
grau und hässlich anzusehen,
uns im Dunkeln sieht man nicht.
Wir sitzen Nacht für Nacht allein
Auf unserem weissen Kieselstein."
Das Lied verstummte, und Scantlie Mab fragte aus ihrer Ecke, was das Lied bedeutete.
"Ich habe jemanden gebeten, zu der Stunde hierher zu kommen", sagte Habetrot, "und er hat mein Lied durch den gehöhlten Stein gehört."
Habetrot öffnete eine unter den Wurzeln eines alten Weidenbaumes verborgene Tür und lud das Paar ein, einzutreten und ihre Familie kennen zu lernen.
Der junge Mann staunte nicht schlecht über die unheimliche Gesellschaft der Spinnerinnen und fragte sie laut heraus, woher sie so verunstaltet seien. Und eine Schwester nach der anderen murmelte und lispelte:
"Mi-mi-wi-di-sp-sp-spin-ni."
"Wom-schpom-schpom-mon."
"Dusch-kumsch-vumsch-schpunnen."
"Vom Spinnen, junger Herr, vom Spinnen", übersetzte Habetrot. "Oh ja, sie waren auch einmal schöne Jüngferchen, meine Schwestern", fuhr sie fort. "Dein eigenes Frauchen wird auch einmal so aussehen, so hübsch sie jetzt auch noch sein mag, denn, lieber junger Herr, dein Liebchen ist wahrlich verrückt aufs Spinnen."
"Nie wieder soll sie ein Spinnrad berühren!" schwor der junge Mann, und das Mädchen beugte sich seinem Willen. "Nun denn, wenn du darauf bestehst, so will ich mich fügen", sprach sie sanft.
Und seit diesem Abend spazierte sie mit ihrem Mann über die Wiesen, frei wie ein Vogel, und jedes Bund Flachs das auf ihrem Land wuchs, brachte sie der alten Habetrot zum spinnen."

Aus "Zwerge" von Helga Gebert, Verlag Beltz und Gelbert

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